Stiftungen als Partner:innen für frühkindliche kulturelle Bildung
Im Rahmen der Gesprächsreihe „Stadt.Land.Kind“ luden wir am 12. November 2025 zum digitalen Austausch über die Rolle von Stiftungen in der frühkindlichen kulturellen Bildung ein. Unter dem Titel „Gemeinsam etwas bewegen – Stiftungen als Partner:innen für frühkindliche kulturelle Bildung“ diskutierten Vertreter:innen aus Stiftungen, Praxis und Netzwerk über aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Chancen in diesem wichtigen Bildungsfeld.
Ein poetischer Auftakt
Zu Beginn sorgte Lars Ruppel mit einem poetischen Impuls für einen eindrucksvollen Start. Während einer sonnigen Bahnreise-Unterbrechung in Kassel-Wilhelmshöhe – aus „Liebe fürs Netzwerk“, wie er augenzwinkernd sagte – trug er ein Gedicht vor, das mit Witz und Nachdruck die Ambivalenz des gesellschaftlich stagnierenden Status quo und die Notwendigkeit von Engagement und kultureller Bildung thematisierte.
Seine Verse erinnerten daran, dass Veränderung immer Menschen braucht, „die aufstehen und sich nicht dem Ist-Zustand beugen“. Besonders bildhaft blieb sicherlich allen in Erinnerung:
Wir brauchen kulturelle Anti-Feuerwehrleute,
Die einen Unterschied machen
Indem sie ein Feuer entfachen.
Stimmen aus den Stiftungen und dem Netzwerk
Im Anschluss gaben die Gäst:innen Einblick in ihre Perspektiven und Arbeitsweisen, von denen wir hier nur bruchstückhafte Ausschnitte wiedergeben können:
- Teresa Darian (Kulturstiftung des Bundes) betonte die Bedeutung von Synergien, Kooperationen und klaren Problemlösungen. Förderanträge müssten konkret auf Herausforderungen reagieren und deutlich machen, wie sie Wirkung entfalten. Sie verwies außerdem auf das Gefälle zwischen Stadt und Land – sowohl in der Angebotsdichte als auch in den Zugangsmöglichkeiten für Kinder.
- Friederike Schönhuth (Crespo Foundation) hob die systemische Wirkung kultureller Bildungsprojekte hervor, dafür müssten starke Netzwerke gefördert werden. Als Verbrauchsstiftung mit regionalem Fokus in Hessen setze sie auf Zugänge für möglichst viele Kinder und wünsche sich, dass sich Stiftungen stärker miteinander und mit anderen Akteur:innen vernetzen. Mehr Sichtbarkeit kultureller Bildung könne auch dazu führen, dass innovative Ideen besser unterstützt werden.
- Dr.in Nadja Olyai (Karg Stiftung) beschrieb, worauf ihre Stiftung – mit Schwerpunkt auf Hochbegabung – in Projekten achtet: realistische Zielsetzungen, klare Budgets und eine stärkenorientierte Perspektive. Frühkindliche kulturelle Bildung sei nicht nur Musik und Kunst, sondern auch das Erkennen und Fördern verborgener Begabungen.
- Dominik Eichhorn (BKJ / Netzwerk Frühe Kulturelle Bildung) betonte die Wichtigkeit eines eigenständigen und zugleich kooperativen Systemverständnisses. Viele Kommunen seien engagiert, aber (frühe) kulturelle Bildung mit ihren Netzwerken und Akteur:innen noch nicht dauerhaft strukturell verankert. Er wünschte sich mehr Abgleich zwischen Stiftungen und kommunalen Realitäten.
- Andreas Knoke (Deutsche Kinder- und Jugendstiftung) brachte die Perspektive der Antragstellenden ein: Die DKJS fördere selbst nicht, sondern agiere als Programmpartnerin. Frühkindliche kulturelle Bildung sei oft schwer in Stiftungen zu verorten – ein strukturelles Problem aufgrund der unklaren Zuständigkeiten zwischen den Themen frühe Kindheit, Kultur, Bildung und regionalen Begrenzungen vieler Förderer.
Frühkindliche kulturelle Bildung steht vor der Aufgabe, angesichts gesellschaftlicher Herausforderungen anschlussfähig zu bleiben, ohne ihren Eigenwert zu verlieren. Sie verbindet Bildung, Kultur und Soziales, darf jedoch nicht zur bloßen Ergänzung anderer Felder werden. Entscheidend ist, Kunst und Kultur als eigenständige Bestandteile frühkindlicher Entwicklung zu stärken.
Das „Querschnittsdilemma“ zwischen Bildung, Kultur und Sozialem birgt dabei Chancen: Besonders Stiftungen können an diesen Schnittstellen Synergien fördern und neue Impulse setzen
Gemeinsame Erkenntnisse
Im Austausch wurde deutlich: Stiftungen sind wichtige Entscheiderinnen. Gleichzeitig sind die Grenzen ihrer Wirksamkeit spürbar – insbesondere, wenn politische Zuständigkeiten unklar sind oder Förderlogiken nicht zu den realen Bedarfen passen.
Gemeinsam wurde über die Frage nachgedacht, wie man dem Thema frühkindliche kulturelle Bildung mehr politisches und gesellschaftliches Gewicht verleihen kann.
- Teresa Darian plädierte beispielsweise dafür, „lauter“ zu werden – nicht durch neue Handlungsempfehlungen an die Politik, sondern durch sichtbare Kooperationserfolge.
- Dominik Eichhorn hob den Wert solcher Formate wie Stadt.Land.Kind hervor, die gemeinsames Lernen, gegenseitiges Verstehen und geteilte Verantwortung ermöglichen.
- Friederike Schönhuth betont die Beduetung von Stiftungsallianzen, die ihr Wissen bündeln und der frühkindlichen kulturellen Bildung mehr Sichtbarkeit verleihen.
- Andreas Knoke ergänzte, dass es nicht eine gemeinsame Stimme, basierend auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner, sondern viele mutige Stimmen brauche. Außerdem sei eine Ausrichtung von kulturellen Projekten nach Zahlen oder rein messbarem Output nicht zielführend.
- Nadja Olyai betonte, dass kulturelle Bildung auch im Bundesverband Deutscher Stiftungen stärker in den Arbeitskreisen präsent sein muss. Zudem sollten Stiftungen kritisch prüfen, ob sie ausreichend offen für Anträge und Projekte aus dem Bereich der frühen kulturellen Bildung sind.
Fazit
Das Gespräch zeigte, wie zentral Stiftungen als Partner:innen für die frühkindliche kulturelle Bildung sind – nicht nur finanziell, sondern auch als Gestalterinnen oder Wegbereiterinnen von Kooperationen, Systemveränderungen und gesellschaftlicher Aufmerksamkeit. Nur durch gemeinsame Anstrengungen kann kulturelle Bildung in ihrer ganzen Bedeutung gestärkt und als unverzichtbarer Bestandteil frühkindlicher Entwicklung und gesellschaftlicher Zukunftsgestaltung etabliert werden.
Egal, welche Stakeholder wir bei Planungen und Ideen bedenken, dem Netzwerk ist wichtig, was Lars Ruppel poetisch formulierte:
Diese Welt braucht Ideen – und Ideen einen Raum.
Menschen mit Weitsicht, mit Tatkraft und Traum.