Aller guten Dinge sind drei!

Aller guten Dinge sind drei!

ein dreiteiliger deutsch-französischer Austausch zu frühkindlicher kultureller Bildung 

Frühkindliche kulturelle Bildung über Ländergrenzen hinweg – gemeinsam mit der Stiftung Genshagen hat das Netzwerk Frühkindliche Kulturelle Bildung eine Online-Veranstaltungsreihe zur Stärkung des europäischen Fachaustauschs ins Leben gerufen. Mit dem Netzwerkziel den „fachlichen Diskurs anzuregen, einander Impulse zu geben und vielleicht Wunder zu erleben” wurden seit Frühjahr 2021 drei Podiumsgespräche mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten realisiert. 

Machen Bücher reich? Chancen frühkindlicher Kultureller Bildung zur Armutsprävention. Ein deutsch-französischer Austausch 

Das jüngste Fachgespräch wurde am 22. Februar 2022 in Kooperation mit dem französischen Kulturministerium und mit Förderung des Deutsch-Französischen Jugendwerks gehalten. Im Fokus des Treffens lagen Initiativen, die eine frühe Heranführung an das Lesen und an Bücher als Mittel zur Überwindung von sozialer Ungleichheit und zur Armutsprävention begreifen. 

Beim Vorlesen geht es nicht nur um den Spracherwerb, betonen die Redner:innen. „Bücher können Türen aufmachen, Potenziale freilegen und neue Horizonte eröffnen“, so Prof. Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss, Direktorin und Geschäftsführerin der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel.„Rund 32 Prozent aller Eltern in Deutschland lesen ihren Kindern im Vorlesealter von zwei bis acht Jahren zu selten oder nie vor“, erklärt Sabine Bonewitz von der Stiftung Lesen. Das von ihr geleitete Programm „Lesestart” kooperiert mit Kinderärzt:innen, die Eltern Bücher und die wichtigsten Tipps zum Vorlesen mit auf den Weg geben. In Frankreich rief Sylvie Vassallo, Direktorin der Jugendbuchmesse Seine-Saint-Denis in Montreuil (Paris) das Projekt Des livres à soi (Eigene Bücher) ins Leben. Damit wendet sie sich an Eltern in sozialen Brennpunkten und bringt ihnen in Workshops das Vorlesen und Geschichtenerzählen bei. „Das verbindet und macht auch den Kindern Mut, lesen zu lernen“, so Sylvie Vassallo. 

Einig waren sich alle Teilnehmenden: Bücher bereichern auf vielen Ebenen.  

Videoaufnahme deutsche Fassung:  

https://www.youtube.com/watch?v=YMCP91CkIVE 

Der „Garten der Wunder“ und wie Künste, Kindheit und Natur verbunden sind 

Mit der zweiten Veranstaltung am 8. Juni 2021 widmeten sich der französische Künstler Vincent Vergone und Aurélie Lesous, Beauftragte für Kulturelle Bildung in der frühen Kindheit im französischen Kulturministerium,der Rolle von Kunst und Natur für ein gesundes Aufwachsen von Kindern.  

Welche Rolle spielen Eltern-Kind-Beziehungen und der Austausch mit der Natur? Fragen, die Vincent Vergone schon lange in den Mittelpunkt von frühkindlicher Entwicklung stellt. In seinem Projekt „Garten der Wunder“ zeigt der Künstler exemplarisch, wie Kinder eine gesunde Beziehung zu ihrer Umwelt entwickeln können. Um die „Kette der kulturellen Weitergabe” zu bearbeiten, müsse man auch die Eltern mit ansprechen. Er lädt Familien dazu ein, sich „staunend und wundernd” auf die Natur und die darin spielerisch einbetteten Kunstwerke und künstlerischen Darbietungen einzulassen. Sein „Wundergarten” lässt sie träumen: „Kinder haben eine viel globalere Wahrnehmung von Orten. Sie riechen, schmecken, nehmen die Musik und die Stimmung wahr”, erzählt der Künstler.
Aurélie Lesous betont die Relevanz, Erzieher:innen so auszubilden, dass sie effizienter gegen Armut vorgehen können: „Alle Akteure rund um das Thema Erziehung müssen mobilisiert werden, auf frühkindliche kulturelle Bildung zu achten”. 

Videoaufnahme deutsche /Fassung: https://www.youtube.com/watch?v=R7_Z1M9qjl8 

«Santé Culturelle» (Kulturelle Gesundheit) und «Éveil artistique et culturel» (Frühkindliche Kulturelle Bildung)  

Mit einem Vortrag von Sophie Marinopoulos, Psychologin und Spezialistin für die Bereiche frühe Kindheit und Familie und Aurélie Lesous, Beauftragte für Kulturelle Bildung in der frühen Kindheit im französischen Kulturministerium, startete am 16. März 2021 die Reihe des deutsch-französischen Austausch zu frühkindlicher kulturellen Bildung.  

In Sophie Marinopoulos Bericht „Eine nationale Strategie für die Santé Culturelle (Kulturelle Gesundheit)“ von 2019 wird die frühkindliche kulturelle Bildung als Querschnittsaufgabe der Bereiche Soziales, Gesundheit, Familie, Bildung und Ökologie beschrieben und als zentral für die kindliche Entwicklung angesehen. 

Der vom französischen Kulturministerium in Auftrag gegebene Bericht diagnostiziert der Gesellschaft einen Mangel an Zuwendung und Gemeinschaft. Digitaler Überfluss, gesellschaftlicher Druck auf Eltern und wenig qualitative Zeit führen zu einem Verlust von Kreativität und „Verarmung menschlicher Beziehungen”. Marinopoulos nennt dies „kulturelle Mangelernährung” – und betont den gesamtgesellschaftlichen Auftrag, in Eltern-Kind-Beziehungen und Kultur zu investieren. Um die eingeschlafenen Sinne zu wecken, sieht die Psychologin Kunstobjekte, Lieder, Kinderreime und Theater als essentiell für die Begegnung zwischen Eltern und Kindern – was auch zu gesunden und lebendigen Beziehungen führt, meint Marinopoulos. 

Lange wurde die frühkindliche kulturelle Bildung in Frankreichs Politik wenig beachtet. Bis das Thema 2016 als wichtiger Grundsatz politisch verankert wurde, hatten sich Künstler:innen, Vereine und frühpädagogische Fachkräfte bereits jahrzehntelang für die Künste in der frühkindlichen Bildung eingesetzt, betont Aurélie Lesous. 

Videoaufnahme Originalfassung/Französisch mit Untertitel:  

https://youtu.be/CMmAvQvctuQ  

 Wir danken den finanziell und ideell unterstützenden Kooperationspartnern!